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20 Ideen für Familiengerichte

Die sehr bekannte Dipl.-Psychologin und Dipl.-Soziologin Dr. Ursula Kodjoe hat aus ihrer fundierten und allseits anerkannten, jahrzehntelangen Arbeit u.a. als Mediatorin, Familientherapeutin, psychologische Sachverständige und Verfahrensbeiständin die folgenden  „20 Bitten an Familienrichter"  formuliert, die helfen sollen,  Kindschaftsverfahren  vor allem kindgerechter und zielorientierter zu führen.

 

Diese  „20 Ideen für Familiengerichte"  bzw.  „20 Bitten an Familienrichter"  werden hier vorgestellt:

 

20 Bitten an Familienrichter:

  1. Bitte erklären Sie den Eltern die gesetzlichen Grundlagen des Verfahrens:  GG, BGB, FamFG, UN Kinderrechtskonvention, EMRK.
    Mütter und Väter sind gleichwertig, gleichberechtigt, gleichermaßen verpflichtet und verantwortlich.

     
  2. Bitte erläutern Sie mögliche Eingriffe in die elterliche Sorge, auch, dass Kinder bei fortgesetztem elterlichen Fehlverhalten zum anderen Elternteil wechseln.
    Nichts erhöht die Kooperationsbereitschaft mehr als dieses Wissen.

     
  3. Bitte bestehen Sie auf der Umsetzung von Beschlüssen und machen Sie das auch deutlich.
    Stellen Sie Rechtssicherheit her.
    Kein Kind verliert einen Elternteil, kein Vater, keine Mutter verliert den Kontakt mit dem Kind. (Ausnahmen §1666)

     
  4. Bitte klären Sie die Bedeutung des „Umgangs“ als Recht des Kindes auf seine gelebte Beziehung mit beiden Eltern und als Recht aller auf Familienleben.
    Beziehung leben braucht gemeinsame Zeit, keinesfalls weniger als 30%.

     
  5. Bitte verdeutlichen Sie, was Kinder im Elternstreit entwickeln:  Verlust- und Verlassenheitsängste, Trauer, Wut, Selbstunsicherheit, Einsamkeit, Existenzangst, je nach Persönlichkeit aggressives Ausagieren oder depressiven Rückzug.
     
  6. Bitte betonen Sie:  Kinder sind nicht der Besitz eines Elternteils, der sie „verwaltet“, dem anderen großzügig „gibt“ oder „überlässt“.
    Sie sind eigene Menschen, die liebevolle Fürsorge, Schutz, Erziehung und Begleitung beider Eltern brauchen.

     
  7. Bitte ersetzen Sie nicht Ihre richterliche Entscheidung durch den „Kindeswillen“.
    Dessen Eindeutigkeit „ich will beide“ wird ignoriert, beschnitten, reduziert zu einer „verwertbaren“ Aussage eines in Konflikten zerrissenen Kindes.

     
  8. Bitte verwechseln Sie nicht Wahrnehmung mit Wahrheit.
    Verifizieren Sie genau die Angaben mit steigender Beschuldigungsmotivation.
    Es gibt viel Drama mit viel talentierter Darstellungskunst.
    Lassen Sie sich nicht zu sehr beeindrucken.

     
  9. Bitte diskutieren Sie mit den Eltern keine „Episoden“ aus ihrer Paarbeziehung.
    Menschen verletzen und werden verletzt, alle machen Fehler.
    Es geht um die Bedürfnisse der Kinder,  NICHT  um die Bedürftigkeit der Erwachsenen.

     
  10. Bitte verbitten Sie sich gegnerschaftliche Angriffe und Beleidigungen in den Familienverfahren und in Ihrem Familiengerichtssaal.
    Lassen Sie die Eltern sprechen und ihre Anliegen vortragen.
    In einer Atmosphäre von Respekt und Sicherheit lassen sich Lösungen finden.

     
  11. Bitte verweisen Sie Elternteile mit permanent berichteten, diffusen eigenen „Ängsten“ an Therapeuten.
    Sie gehören nur in die Verantwortlichkeit des Familienrichters, bei erkennbarer Übertragung dieser Ängste auf die Kinder.

     
  12. Bitte vermeiden Sie die Bewertungs- und Beurteilungsfalle:  Kinder machen keine Persönlichkeitsanalyse von Vater und Mutter, sie kennen ihre Eltern, sie lieben beide so wie sie sind und wollen keinen verlieren.
     
  13. Bitte lassen Sie passiv-aggressive Kommunikationsverweigerung nicht zu.
    Eltern schulden ihren Kindern einen respektvollen Umgang, ruhiges Reden miteinander:  sie sind das Vorbild für die sozialen Beziehungen der Kinder.

     
  14. Bitte bedenken Sie:  „Hochstrittigkeit“ ist feindselig-aggressive Elternschaft, die Kinder extrem ängstigt, bedroht und schädigt.
    Erkennen und benennen Sie, wenn Konflikte von  NUR EINER SEITE  geschürt und aufrechterhalten werden.

     
  15. Bitte achten Sie auf die Gräben zwischen vollmundiger verbaler Zustimmung und tatsächlicher Umsetzung auf der Handlungsebene.
    Intervenieren Sie umgehend ohne „verständnisvolle“ Endlosschleifen.  Das ist Prävention.

     
  16. Bitte regeln Sie die Ferien-und Feiertage, die Geburtstage nach praktischen, umsetzbaren Gesichtspunkten ohne wenn und aber zur klaren Orientierung für Eltern und Kinder.
    Ausnahmen sollten die Eltern voneinander erbitten.

     
  17. Bitte beachten Sie das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger.
    Beispiel:  Wegzug mit Kind. Der verbliebene Unterhaltspflichtige kommt auf für die Kosten der vom Anderen oft ohne Not geschaffenen Distanz. Es fehlt das Verursacherprinzip.

     
  18. Bitte agieren Sie bei Umgangsverweigerung mit drohendem Kontaktverlust analog der Verfahrensweise bei Unterhaltsverweigerung.
    Beides ist Verantwortungslosigkeit und bedarf des Eingriffs der staatlichen Wächter.

     
  19. Bitte beziehen Sie die Großeltern der Kinder in Ihre Betrachtung der familialen Gesamtsituation mit ein.
    Über sie läuft die generationsübergreifende Weitergabe von Mustern. Sie können der Fels in der Brandung sein für die Kids.

     
  20. Bitte versichern Sie sich zur eigenen Entlastung mittels disziplinübergreifender Zusammenarbeit und Austausch, der Kompetenz der anderen Berufsgruppen.
    Keiner sollte die Last dieser Verantwortung alleine tragen müssen.

  

© Copyright:  Dr. Ursula Kodjoe, Dipl-Psychologin, Dipl.-Soziologin, Okt.2019. Im Zusammenwirken mit Kollegen*, Richtern*, Rechtanwälten*, Verfahrensbeiständen* und Jugendamts-Mitarbeitern*.   (*generisches. geschlechtsneutrales Maskulinum)

Die Verwendung dieser 20 Bitten an Familienrichter ist unter Bezugnahme auf die Urheberschaft von
Dipl. Psychologin Dipl.-Soziologin Dr. Ursula Kodjoe ausdrücklich zulässig.

 

Download als PDF:   20 Ideen für Familiengerichte  bzw.  20 Bitten an Familienrichter